November 26

Sternenglut – Ein Raum voller Welten

In neun Kurzgeschichten, die alle im Bereich Science Fiction angesiedelt sind, werden Raumschiffe in Zeitblasen gefangen, Begegnungen mit außerirdischem Leben erlebt, das sich an ganz anderen Maßstäben misst als das menschliche oder menschliches Bewusstsein in eine digitale Form übertragen. Obwohl alle Storys im gleichen Genre spielen, unterscheiden sie sich stark voneinander.

Gerade diese Vielfalt der Geschichten hat für mich den Reiz der Anthologie ausgemacht. Und obwohl mich manche Themen vorher mehr oder weniger interessiert haben, kann ich nicht sagen, dass mich einer der Abschnitte gelangweilt hätte. Tatsächlich ist es in allen gut gelungen, einen in die Handlung einzuführen, die Figuren lebendig wirken zu lassen und mit der Kreativität zu überraschen.

Obwohl wir hier eine Reise durch die Schreibstile von neun verschiedenen Autor:innen machen, stört das den Lesefluss gar nicht. Alle sind flüssig geschrieben und angenehm zu lesen.

Auch das Setting bleibt nie gleich: Manchmal ist es eine Erde, die sich gar nicht so viel von der heutigen unterscheidet, mal ein Raumschiff in den Weiten des Alls oder ein ferner Planet mit menschenähnlichen Bewohner:innen. Dem Untertitel „Ein Raum voller Welten“ ist hier auf jeden Fall gerecht geworden.

Mehrfach aufgegriffene Themen wie künstliche Intelligenz, von Menschen oder menschenähnliche Lebewesen geschaffen oder sogar als eine Kopie des menschlichen Bewusstseins selbst entstanden, werden aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet, sodass es trotz Überschneidungen, die teilweise vorkommen, nicht langweilig wird.

November 20

Mazura – Ein Abenteuer mit Axt, Feder und Flummel von Elin Nelier

Trollkriegerin Mazura ist die Wächterin der magischen Türme in einer sterbenden Welt, die in kürzester Zeit viele Artefakte einsammeln muss, um die Wiederauferstehung einer berüchtigten Räuberbande zu verhindern. Doch die Artefakte sind in den Geschichten der Chronist:innen verschwunden, die den Turm nun bewohnen und müssen von diesen erst einmal mithilfe von Kurzgeschichten wieder ans Tageslicht befördert werden.

Ich habe noch nie eine Anthologie mit einem eigenen Setting, in das alle Kurzgeschichten eingebunden sind, gelesen. Hier ist es tatsächlich so, dass alle Chronist:innen (und damit Autor:innen der Sammlung) eigene Zimmer im Turm haben und durch die Beschreibung dieser und ihrer Bewohner:innen vorgestellt werden. Danach dürfen sie die Geschichte um ihr Artefakt vorstellen, indem sie sie vorlesen, als Buch herumliegen lassen oder indem Mazura selbst hineingesogen wird.

Diese kreative Art, einerseits die Rahmenhandlung um die Artefakte voranzubringen und andererseits die jeweiligen Kurzgeschichten zu erzählen, hat mir sehr gut gefallen. Vor allem merkt mensch beim Lesen, wie detailreich Mazuras Welt ausgestaltet worden ist. Mensch freut sich auch auf jeden Abschnitt zwischen den Kurzgeschichten, in dem wieder neue Details des Worldbuilding offenbart werden.

Viele der Welten, in denen die Artefakte verschwunden sind, sind aus anderen, längeren Büchern der Chronist:innen bekannt. Das sorgt einerseits natürlich dafür, dass sie gut durchdacht sind und mensch auch das Gefühl bekommt, von einer lebendigen Welt, die nicht nur um die Hauptfiguren herum existiert, zu lesen. Andererseits gibt es dadurch auch viele unbequeme Schnitte, wenn mensch erst mit vielen Informationen über eine Welt zugeschrieben und dann schnell wieder aus ihr entrissen wird.

Nicht nur wegen der Kürze der Einblicke, auch wegen der spannenden Handlungen wollte ich noch länger in den einzelnen Welten bleiben – natürlich auch ein guter Anreiz, um sich mit den anderen Büchern der Chronist:innen zu beschäftigen. Auch die Vielfalt der Storys ist gut gelungen: Sie sind mal ernst und düster, mal lockerere Abenteuer, mal spielen sie in komplett eigenen Universen und mal wurden mythologische Einflüsse verarbeitet. Langweilig wird es auf jeden Fall nie.

November 13

Beauty and the West Chamber 1 von Ruoyejun und Winslow

Chen Qiming, eigentlich ein talentierter Sänger der Pekingoper, traut sich seit einem katastrophalen Auftritt vor einem Jahr nicht mehr auf die Bühne. Als sein Meister ihn mit einem Trick doch zum Auftritt bewegt, sitzt ausgerechnet der Offizier Yan Ci im Publikum, mit dem Chen Qiming eine dramatische Vergangenheit verbindet. Und natürlich lässt er es sich nicht nehmen, ihn danach zum Essen einzuladen.

Die Welten der Pekingopern und der Politik überschneiden sich – zwei Welten, die für ihre Intrigen bekannt sind. Dementsprechend gibt es viele Geheimnisse und geschmiedete Ränke, die sich aus zwischenmenschlichen Dramen und Machtspielchen ergeben. Egal, ob es dabei um den Erfolg einer Operntruppe oder um weitreichendere Dinge wie die Leben von Menschen geht, es bleibt immer spannend.

Mir haben auch die Figuren gut gefallen. Der Protagonist Chen Qiming ist sympathisch, sein Gegenpart Yan Ci hingegen mysteriös, ohne dadurch zu ernst zu werden. Aber auch Nebenfiguren wie die übergelaufene Sängerin Xia Zhiqiu oder der Sänger Yao Qingshan, der als Kind an die Chunyang-Truppe verkauft worden ist und dessen Herz eigentlich gar nicht für die Oper brennt, haben Tiefgang und sind samt ihrer Fehler sympathisch.

Was diesen Manhua so besonders macht, sind die skizzenhaften und doch detailreichen Zeichnungen. Sie stechen mit ihrer Farbwahl hervor, die die Zeichnungen farbenfroh und lebendig wirken lässt. Interessanterweise sind einige Hintergründe nicht komplett gezeichnet, sondern Fotos, in die die Figuren und einige Requisiten hineingesetzt worden sind, was für interessante Effekte sorgt. Auch passt sich der Zeichenstil für einige Gags an, zum Beispiel in einer Makeover-Szene, die an Disneys Mulan erinnert.

Alles in allem hat mir der erste Band der Reihe gut gefallen. Es sind einige Konfliktfelder geöffnet worden, Mysterien wurden angedeutet und haben sich verdichtet. Und auch wenn Vieles aus der Vergangenheit der Figuren enthüllt worden ist, wissen wir immer noch nicht, was an dem schicksalsträchtigen Tag wirklich zwischen den Familien von Chen Qiming und Yan Ci passiert ist, sodass ich umso gespannter auf den zweiten Teil bin.

November 6

Willkommen in der Hölle von J. Tomala

Der zweite Teil der Höllenblumen-Reihe folgt Zeno, der seinem eigenen Wunsch nach in die Hölle kommt und dort die Ausbildung zur Kadaverblume beginnt. Doch obwohl die Hölle ganz anders ist, als es die menschliche Vorstellungskraft erscheinen lässt, lauern noch mehr Geheimnisse hinter der hübschen Fassade, als er anfangs ahnen kann.

Diese Geschichte ist auch wegen ihres Settings faszinierend. Hier gibt es keine Lavahöhlen, in denen Menschen gefoltert werden, die gesündigt haben, und auch sonst hat die hier beschriebene Hölle nichts mit den üblichen Vorstellungen gemein. Stattdessen erinnert sie mehr an eine gehobene Gesellschaft, die allerdings andere Konventionen als die der Menschen hat.

Zeno selbst stellt eine interessante Figur dar. Mit seiner grauenhaften Vergangenheit in der Menschenwelt hat er noch nicht so abgeschlossen, wie er gedacht hatte, gleichzeitig muss er sich in dieser so neuen Umgebung zurechtfinden und faszinierende Persönlichkeiten wie Lord Lotem oder Herzog Aparis kennenlernen.

Mir hat auch die Geschichte hinter dem Waldgeblüt, den mysteriösen, tierähnlichen Wesen, die Jagd auf Dämonen machen, gefallen. An dieser Stelle will ich aber nicht zu viel verraten, um die Spannung nicht zu nehmen.

Was auch noch im Vergleich zum ersten Teil auffällt, ist, dass es weitaus weniger Sexszenen gibt. Das passt gut zur Story, da es hier nicht vorrangig um die Beziehung zwischen zwei Personen geht. Dafür wurden sie wieder mit einiger Kreativität gestaltet.