Januar 30

Magie der Pfeile 2: Flin, der Waldläufer von Florian Clever

Inzwischen hat selbst der König in Galdin-Sor von den Plänen des Fürsten Gernot gehört und schickt die 10. Eiserne Legion in die abgelegene Region. Doch die Bedrohung durch den Dämonenfürsten Felan’fer wächst und es wird mehr als die Kampfstärke von den menschlichen Kriegern brauchen, um ihn und seinen ewigen Hunger zu bezwingen…

Flin, der titelgebende Waldläufer, ist zurück mit seinen waghalsigen Plänen und überrascht wieder mit seinen Einfällen. Aber die größten Veränderungen macht Triana, die vom Unglück verfolgte Händlerin, durch. Sie beweist wie schon im ersten Band, dass sie an ihren Herausforderungen wächst, was sie zu einem besonders interessanten Charakter macht. Doch auch andere Leute zeigen, dass noch die eine oder andere Überraschung in ihnen steckt.

Und Gelegenheiten, sich zu beweisen, haben die Figuren allemal, denn es geht richtig zur Sache. Besonders gefallen hat mir dabei, wie herüberkommt, dass unterschiedliche Gefahren von den menschlichen Soldaten des Fürsten und seinem dämonischen Verbündeten ausgehen, die die Protagonist:innen beide beachten müssen. Dadurch und durch die Komponente, dass die wahren Fähigkeiten von Felan’fer bis zum Ende verborgen bleiben, werden die Kämpfe besonders spannend.

Aber auch intern läuft nicht unbedingt alles rund. So sorgen auch die Machtkämpfe zwischen Kommandanten Esteban und Ordensmagierin Nuria für Spannung. Dazu kommt, dass Triana und Flin keine ausgebildeten Soldat:innen sind und deshalb auf ihre eigene Art und Weise zum Sieg beitragen müssen.

Im zweiten Band der Reihe zahlen sich alle Anspielungen und Vorbereitungen, die von den Charakteren beabsichtigt und unbeabsichtigt getroffen worden sind, aus und alles wird in der letzten, spannenden Schlacht in die Waagschale geworfen. Die Auflösung ist perfekt gelungen und das Ende wird dadurch bitter-süß.

Januar 26

Salomés Zorn von Simone Atangana Bekono

Salomé hat das Gefühl, ihr Leben endgültig in den Sand gesetzt zu haben. Nicht nur im Gefängnis ist sie gefangen, sondern auch im Strudel ihrer Erinnerungen an mit ihrer Familie verbrachte Tage in ihrem Haus in den Niederlanden oder bei der Verwandtschaft in Kamerun und Rassismuserfahrungen in der Schule.

Das Buch liest sich sehr persönlich. Wir lernen Salomés innerste Gedanken kennen, ihre Ängste, Selbstzweifel und natürlich auch ihre Wut. Der Schreibstil, der in der Ich-Perspektive gehalten ist, und die prägnanten Sätze unterstreichen das. Vor allem die Szenen, in denen sie träumt oder Halluzinationen im Fieberwahn hat, haben mich sprachlich beeindruckt, weil die Sprache auch der Logik dieser Situationen gefolgt ist.

Stück für Stück dringen Salomé und wir zum Kern der Sache vor, dem Grund, warum sie eingesperrt worden ist. Und auch diese Szenen sind von ihrer persönlichen Einschätzung geprägt, nicht von der einer neutral beobachtenden Person. Wir bekommen mit, wie sie es sich fast anders überlegt hätte, wie sie es dann doch nicht auf sich sitzen lassen konnte, und dass sie es nicht bereut.

Aber auch die anderen Mitglieder ihrer Familie lernen wir kennen, samt ihrer Reaktionen zu Salomés Verhaftung. Sie sind allesamt realistische Figuren mit ihren Schwächen, die die Geschichte umso realer erscheinen lassen, ebenso wie die anderen Insassinnen im „Donut“, wie das Gefängnis genannt wird.

„Salomés Zorn“ nähert sich schwierigen und allumfassenden Themen, wie Rassismus, Ausgrenzung und dem Gefängnis-System, auf sehr persönlicher Ebene und macht ihre Auswirkungen dadurch umso deutlicher. Ein eindrücklicher und berührender Roman, der einen auch durch sein offenes Ende noch lange begleiten wird.

Januar 9

Knochensuppe 1: Der Mörder aus der Zukunft von Kim Young-Tak

Als Lee Uhwan das Angebot bekommt, bei einer risikoreiche Zeitreise in die Vergangenheit ein Rezept für Knochensuppe zu finden, sagt er zu. Doch weder seine Mitreisenden, noch die Menschen in der Vergangenheit haben so bescheidene Motive, und bald ist er komplett verstrickt in gefährliche Geschehnisse und kriminelle Machenschaften…

Zuerst zum Protagonisten selbst, denn ich muss zugeben, dass er mir komplett unsympathisch ist. Zwar ist sein Verhalten oft durch seine Vergangenheit erklärbar, aber das macht es nicht besser, lesen zu müssen, wie er seine Mitmenschen behandelt. Doch trotzdem geht eine Faszination von ihm aus, aufgrund derer ich immer weiter lesen musste.

Auch zu den anderen, teils sympathischeren Charakteren habe ich immer eine Distanz bewahrt. Als störend empfunden habe ich das allerdings nicht unbedingt, weil es gut zum sachlichen und trockenen Schreibstil und auch zum Inhalt der Geschichte passt.

Und dieser Inhalt kann sich sehen lassen. Das Buch spielt in einer interessanten Welt, in der neben Zeitreisen auch andere technologische Wunder möglich gemacht worden sind. Dadurch wird das Mysterium, das um die Motive der verschiedenen Figuren aufgespannt wird, umso spannender und mensch wird ständig neu überrascht von den Rollen, die sie spielen.

Mich hat das Buch durch und durch überzeugt und ich kann es kaum abwarten, den nächsten Teil zu lesen – unter anderem, weil die Geschichte noch nicht abgeschlossen ist und sogar mit einem fiesen Cliffhanger endet. Die komplizierte und spannende Handlung nachzuvollziehen hat mir viel Spaß gemacht und ich freue mich auf ihre Auflösung.

Januar 1

Kallistos Erbe von Ryan Rockwell

Als Carl unter gefälschten Personalien auf den Jupiter-Mond Kallisto reist, um den angeblichen Selbstmord seiner Schwester aufzuklären, ahnt er noch nicht, wie weit sein Schicksal mit dem der Station verwoben ist. Und auch die Zukunft der weit entfernten Erde steht auf dem Spiel…

Am Anfang ist mensch als Leser:in genauso orientierungslos wie Carl, der sich in einem komplett neuen Leben zurechtfinden muss und nicht wirklich weiß, wie er mit seiner Suche anfangen soll. Doch die Vermischung aus der persönlichen Suche nach seiner Schwester und den mysteriösen Todesfällen, mit denen er aufgrund seines Jobs als Sicherheitstechniker konfrontiert wird, gibt bald die Richtung vor und wir werden immer tiefer in die Geheimnisse der Station gezogen.

Es ist auch lange nicht klar, wer Freund oder Feind ist und wem Carl seine eigentliche Motivation anvertrauen kann, was es noch spannender macht. Und bald arbeiten die Systeme und systemhörigen Menschen der Station gegen sie und sie müssen ihr Ziel in einer spannenden Hetzjagd gegen die Zeit erreichen.

Vor allem Berenice, Carls Chefin, ist eine interessante Figur, die wir im Verlauf der Geschichte besser kennenlernen. Ich hätte gerne noch mehr über sie und ihre bewegte Vergangenheit, auf die ab und zu angespielt wird, erfahren, doch damit muss ich wohl auf die angeteaserte Fortsetzung warten.

Die Geschichte steht aber auch für sich und bietet eine atemberaubende Mischung aus Thriller und Science Fiction, was sich in dem spannenden Fall, den es zu lösen gilt, und der lebensfeindlichen Atmosphäre des Eismond Kallisto und den detailliert beschriebenen Stationen niederschlägt.