Seth Fried hat mich mit seinem Science Fiction-Roman mehrfach überrascht. Anfangs war ich skeptisch, vor allem, weil der Vergleich mit Pulp Fiction im Klappentext überhaupt nicht gerechtfertigt ist, und weil die humorvolle und flapsige Schreibweise eine Distanz zu den Figuren eröffnet, die die Lebensgefahr, der sie schnell ausgesetzt sind, weniger spannend erscheinen lässt.
Doch je mehr von der Handlung und den Charakteren enthüllt wird, desto interessanter wird es – Vor allem, wenn der regelkonforme Henry auf eine Gruppe trifft, die seine geliebte Behörde ins Visier nimmt und aufdeckt, dass sie alles andere als perfekt ist.
Und gerade durch den Humor kommen sich die beiden Protagonisten auch näher und wir erfahren mehr über ihr Innenleben, das bis zur letzten Seite immer weiter ausgearbeitet wird und sie beide trotz und wegen ihrer extremen Macken liebenswert erscheinen lässt.
Henrys Entscheidungen haben mich immer wieder überrascht und es ist wirklich unglaublich, welche Entwicklung seine Persönlichkeit in so wenigen Seiten durchmacht, ohne unglaubwürdig zu wirken.
Die Art und Weise, wie Henrys und OWENs Fähigkeiten genutzt werden, um der Wahrheit Stück für Stück näher zu kommen, ist gut gelungen und dadurch, dass Henry absolut kein Actionheld ist und OWEN die Welt nur indirekt über seine Projektionen beeinflussen kann, wird es umso spannender.
Dazu kommt, dass das Buch eine überraschende Tiefe aufweist. Es werden Probleme wie Rassismus, Sexismus und Gentrifizierung angesprochen und nicht einfach aus der Welt geschafft, wenn die Stadt gerettet wird. Allerdings werden die Thematiken leider nur gestreift und gehen in der actiongeladenen Handlung unter.
„Der Metropolist“ lässt mich trotzdem mit gemischten Emotionen zurück, weil ich hier wieder einmal das Gefühl bekommen habe, dass der Autor oberflächlich über den Anarchismus recherchiert hat und nicht zum Kern der Sache vorgedrungen, sondern seiner instinktiven Ablehnung des Bildes von „anarchistischen Bombenleger:innen“ gefolgt ist.
Einerseits scheint er begriffen zu haben, dass Anarchist:innen der Meinung sind, dass Sozialarbeiter:innen nicht zum Kern des Problems vordringen und das System eher stabilisieren, als den armen Menschen zu helfen, und dass sie die Welt von Grund auf ändern wollen, um eine klassenlose Gesellschaft zu erreichen. Ob die Verbindung mit Esperanto auch einer Recherche entspringt oder Zufall ist, sei dahingestellt.
Andererseits zeigen die Anarchist:innen in diesem Buch (und ich gehe davon aus, dass sie spezifisch Anarchist:innen sein sollen, weil sie sich auf einen fiktiven anarchistischen Denker beziehen, das Wort im Vergleich mit ihnen fällt und sie, ganz dem Klischee entsprechend, Bomben legen) Merkmale, die sich so gar nicht mit anarchistischen Denkweisen in Einklang bringen lassen: Sie haben einen Anführer und auch sonst kein großes Problem mit Hierarchien, sie hoffen, die Welt durch wahllose Attentate, die vor allem „normale“ Menschen treffen, zu verbessern, und sie glauben von sich, die objektive Wahrheit gefunden zu haben und sie nun allen Anderen aufzwingen zu müssen.
Darauf erstmal ein Zitat von Malatesta, einem angesehenen (Achtung…!) Anarchisten: „Was uns als Anarchisten jedoch auszeichnet und von allen anderen unterscheidet, ist, dass wir uns nicht im Besitz einer absoluten Wahrheit wähnen; wir halten uns für weder unfehlbar noch allwissend.“
Tatsächlich strebt der Anarchismus danach, eine Gesellschaft zu erschaffen, in dem keine Person einer anderen ihre Wahrheit aufzwingen kann, eben weil niemensch die Wahrheit eines Menschen besser kennen kann als er selbst. Dementsprechend genervt war ich davon, dass die Tatsache, dass keine Person die objektive Wahrheit kennt, als OWENs große Erkenntnis dargestellt wird und nicht als etwas, das eignetlich aus den Prinzipien des Anarchismus folgen sollte.
Unterhalten hat mich das Buch aber auf jeden Fall und das Schicksal der Charaktere ging mir auch nahe. Es wäre nur schade, wenn es die Vorteile, die viele Menschen über den Anarchismus haben, verfestigt,