Oktober 24

Das Schwert des Lebens von B.C. Dornbusch

Draken vae Khellian wird von seiner geheimen Vergangenheit eingeholt, als Krieger:innen aus seiner alten Heimat Monoea Akrasia angreifen – und ausgerechnet ihn als Verhandlungspartner wollen. In dem Glauben, sein Todesurteil unterzeichnet zu haben, wenn er erkannt wird, macht er sich auf zu der inzwischen fremden Küste…

Ich muss zugeben, dass ich den zweiten Band der „Die Sieben Monde“-Reihe ohne den Kontext des ersten gelesen habe, und das war definitiv ein Fehler. Es gibt weder ein Glossar noch irgendeine verständliche Erklärung für die vielen Namen, vergangenen Ereignisse und Länder, mit denen mensch direkt überschüttet wird. Selbst, wenn mensch das erste Buch gelesen, aber nicht mehr jedes Ereignis perfekt parat hat, wird mensch hier Schwierigkeiten bekommen.

Dazu kommt, dass keiner der Charaktere sympathisch ist, wobei Draken noch am schlimmsten ist, was es unmöglich macht, wirklich mitzufiebern. Er findet fadenscheinige Ausreden dafür, warum er Sklav:innen haben muss, und obwohl er selbst gar keine Lust darauf hat, König zu sein, ist er absolut felsenfest davon überzeugt, dass eine harte Hand an der Spitze nötig ist. Alles in allem ein durch und durch autoritärer Charakter, aber er fügt sich zu gut in die üblichen Fantasy-Klischees ein, um eine satirische Kritik an Tyrannen wie ihm darzustellen.

Die Welt hingegen ist interessant. Völker wie die Mantiker:innen, Flüche und Mondlinge heben sich von den typischen Elf:innen und Zwerg:innen ab. Leider werden ihre Besonderheiten immer nur am Rand erwähnt, da sie wahrscheinlich im ersten Band genauer vorgestellt worden sind.

Gegen Ende hin wird es jedoch spannender. Das liegt zum Teil sicher daran, dass ich einen besseren Überblick über die Figuren und vor allem das in der Vergangenheit Geschehene bekommen habe, was die vielen Verwicklungen und Komplotte interessanter gemacht hat. Außerdem kommt es zu mehr Schlachten, die dadurch an Spannung gewinnen, dass Draken kein besonders guter Schwertkämpfer ist und außerdem unter alten Verletzungen leidet.

Oktober 22

Jeder und die Anderen von Maximilian Böhm

Wie so viele Menschen ist der Protagonist auf der Suche nach der Wahrheit. Im Gegensatz zu den meisten wagt er jedoch, einen Schritt weiterzugehen, sein altes Leben hinter sich zu lassen und sich nach seinem Sprung ins Unbekannte treiben zu lassen.

Dabei trifft er auf die verschiedensten Leute und hört sich an, wie und ob sie ihre Wahrheit gefunden haben. Durch ihre individuellen Geschichten, die Art, wie sie sich mitteilen und auch ihren Dialekt heben sich diese Menschen voneinander ab und so gleicht kein Abschnitt dem Anderen.

Manche sind felsenfest davon überzeugt, dass sie den Sinn ihres Lebens gefunden haben, andere sind noch selbst auf der Suche. Und auch, wohin seine eigene Suche den Protagonisten am Ende des Buches führt, ist stimmig und rundet die Handlung perfekt ab.

Besonders gefallen hat mir, wie natürlich und ungezwungen diese Begegnungen zustande kommen. Es ist leicht vorstellbar, dass mensch selbst solche Gespräche mit Fremden führen könnte, wenn mensch sich die Zeit nehmen würde und ein offenes Ohr hätte.

„Jeder und die Anderen“ ist nicht nur eine Reise durch Raum und Zeit, sondern auch eine in das eigene Innenleben. Es zeigt auf, was wir in diesen Zeiten nicht häufig sehen: Dass jeder Mensch Teil eines Ganzen ist und auch Geschichten, die nicht glamourös genug für eine Social Media-Präsenz sind, es wert sind, erzählt zu werden.

Oktober 21

Der weiße Kristall (Gesamtausgabe) von Florian Clever

In der Gesamtausgabe der Fantasy-Reihe „Der weiße Kristall“ muss sich der Söldner Molovin eine wichtige Frage stellen: Soll er seinen Befehlen folgen, wie es ihm seit Jahrzehnten antrainiert wurde, oder seinem Gewissen, das er so lange erfolgreich ignoriert hat? Doch bald stellt sich das als sein geringstes Problem heraus: Ein Eidbrecher, einer der fürchterlichen Magier Askeleons, streckt seine Klauen nach dem Weißen Kristall aus, mit dem er in der Lage wäre, den gesamten Norden einzunehmen.

Erneut werden wir nach Iatiara geführt, wo auch schon „Schwert & Meister“ spielte, dieses Mal konzentrieren wir uns allerdings auf den eiskalten Norden, in dem jedoch nicht nur die harsche Witterung zur Gefahr wird. Die lebensfeindlichen Bedingungen machen jede Reise zu einer Herausforderung und die Umgebung wird auch in den Kämpfen kreativ genutzt, was mir gut gefallen hat.

Die Charaktere fallen allesamt auf ein Spektrum von liebens- bis hassenswert. Es gibt keine Figur, die nicht ihre eigene Persönlichkeit mitbringt und es ist leicht, sich in sie hineinzuversetzen und mitzufiebern. Nur die Nebenfiguren aus dem ersten Teil geraten im zweiten ein bisschen ins Hintertreffen und verlieren an Bedeutung. Dafür lernen wir aber auch andere Charaktere kennen, die die eisige Stimmung des Nordens aufzulockern wissen und durch Molovins Überlegungen kann mensch sich auch gut in den Protagonisten hineinversetzen.

Auch gut beschrieben sind die Kämpfe. Die Geschichte wirft einen direkt in die Action und es gibt zwar ruhigere Momente, in denen mensch Land und Leute kennenlernt, spannend bleibt es aber durchgehend. Mit überraschenden Wendungen wird auch nicht gespart, sodass es kein Wunder ist, dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Besonders die große Schlacht auf dem See hat mir gefallen. Hier wird noch einmal aus dem Vollen geschöpft und beide Seiten werfen alles in die Waagschale, was ihnen zur Verfügung steht. Wie mensch es schon vom ersten Teil kennt, geht es in den Kämpfen nichts ums bloße Draufhauen, sondern auch um die Strategien dahinter.

Hier gibt es jedenfalls alles, was mensch von einem guten Fantasy-Schmöker erwarten kann: Epische Schlachten, eine magische Sage und eine ans Mittelalter angelehnte Welt, die mit interessanten Ländern, Völkern und Charakteren heraussticht. Begleitet wird das wie gewohnt von einem farbenfrohen und angenehmen Schreibstil, der das Buch wie im Flug vergehen lässt.

Oktober 18

Scherben einer Göttin von Bjela Schwenk

In „Scherben einer Göttin“ sammeln sich 18(!) Kurzgeschichten, die den Mythos um Lilith, die erste Frau Adams, die aus dem Paradies vertrieben worden ist, weil sie sich ihm nicht unterordnen wollte, aufgreifen und auf den Kopf stellen.

Dabei ähnelt überraschenderweise keine Geschichte der anderen und es werden Genres von Horror über Fantasy bis sogar Science Fiction aufgegriffen.

Wie es den Autor:innen immer wieder gelungen ist, die alte Geschichte umzudeuten, in die heutige Zeit zu übertragen und mit neuen Wendungen auszustatten, hat mich immer wieder positiv überrascht.

Dazu kommt, dass jede Story flüssig geschrieben ist und Lust auf mehr macht. Es hat keine Geschichte gegeben, die auch hätte weggelassen werden können, denn alle bieten eine neue, interessante Perspektive.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass es eben nur Kurzgeschichten sind, die kleine Fenster in diese interessanten Welten geöffnet haben, von denen ich an vielen Stellen gerne mehr gelesen hätte.

Oktober 17

Tagebuch für später von Jörn Hühnerbein

„Tagebuch für später“ ist eine Sammlung von Kurzprosa, Geschichten, die häufig nur zwei bis drei Seiten lang sind und damit von Situationen erzählen können, die in längeren Büchern fehl am Platze wären. Von einer Meisterschaft in Briefmarkenlecken bis zu einem eigentlich ganz normalen Paar, das Menschen isst, ist alles dabei.

Obwohl oder weil das mehr als 200-seitige Buch viele Geschichten umfasst, sprüht es gerade so vor Kreativität. Das liegt auch daran, dass sich die Storys irgendwo zwischen Alltag und Phantastik ansiedeln.

Es fallen schon gewisse Schemata auf, die sich durch die komplette Sammlung ziehen: Menschen, die in ungewöhnlichen Situationen mit Tieren konfrontiert werden etwa. Doch die Geschichten gehen nie lange genug, um langweilig zu werden, sie enden immer an der perfekten Stelle.

Einige der Kapitel liest mensch einfach so weg, andere bezaubern mit ihrem tragischen Humor und ihrer Ironie. In vielen habe ich mich und mein Leben wiedergefunden, auch wenn sie oberflächlich gesehen weit von meiner Lebensrealität entfernt gewesen sind.

Wen würden Titel wie „Wüstenpost“, „Gebrauchte Träume“ oder „Stadt am Nichts“ nicht ansprechen? Diese kurzweilige Sammlung von Kurzprosa kann ich jeder Person ans Herz legen – auch und gerade wenn sie mit dem Genre wie ich bisher keine Erfahrungen gemacht hat.

Oktober 15

Cyborg Me von Peter Nathschläger

Max ist ein Müllmann, der die Leichen von sogenannten „Torture Dolls“, Klonen, die zum Vergnügen zu Tode gefoltert werden, entsorgt. Sein Leben nimmt eine schicksalhafte Wendung, als er den Cyborg Samson trifft, der seine Menschlichkeit nicht aufgeben will.

Die beiden Protagonisten sind faszinierende Figuren, die vor allem durch ihr Zusammenspiel überzeugen. Immer wieder überraschen sie mit neuen Facetten und humorvollen, aber geistreichen Dialogen.

Trotzdem wünscht mensch sich, sie besser kennenzulernen, was aufgrund des Formats der Novelle leider nicht wirklich passiert. Ihre Beziehung scheint zu schnell voranzuschreiten und manche ihrer Entscheidungen sind nicht ganz fassbar, weil die Charaktere einem noch nicht gut bekannt sind.

Die Welt ist düster und es werden immer wieder Details erwähnt, die sie weiter ausbauen und neue Seiten von ihr enthüllen. Dadurch bleibt die Handlung immer interessant und unvorhersehbar. Vor allem die Art, wie Cyborgs funktionieren und wie das die Gesellschaft verändert hat, hat mich fasziniert.

Insgesamt stehe ich dem Buch mit gemischten Gefühlen gegenüber. Es hat definitiv sehr interessante Ansätze und Beschreibungen, die unter die Haut gehen, allerdings werden alle Handlungspunkte schnell abgearbeitet und gehen einem deshalb nicht so nahe, wie sie könnten.

Oktober 9

Urban Sketching ganz einfach von Antje Linker-Wenzel

Urban Sketching, was ist das überhaupt? Eine Frage, die sich wahrscheinlich viele stellen. Dieses Buch bietet nicht nur die Antwort auf diese Frage – es geht darum, mit Bleistift und Radiergummi bewaffnet seine Umgebung abzubilden, egal ob realistisch oder nicht -, sondern lädt Anfänger:innen ein, es selbst zu versuchen.

Was mich besonders angesprochen hat, ist, dass hier von Anfang an klargemacht wird, dass häufig weniger mehr ist: Es braucht keine tausend Utensilien und jahrelange künstlerische Ausbildung, um seiner Fantasie freien Lauf zu lassen.

Die Anleitungen zeigen Schritt für Schritt, wie sich ein Bild verändert, während der Begleittext erklärt, welche Techniken angewandt worden sind und warum das so dargestellt worden ist. Dadurch ist es leicht, die Verfahren zu verstehen und für sich selbst anzueignen.

Dabei wird eigentlich alles aufgegriffen, was mensch aus seinem Alltag abbilden wollen könnte: Gebäude von altbacken bis modern, Menschen in Bewegung oder herumsitzend, Tiere, Fahrzeuge, Straßenschilder…

„Urban Sketching ganz einfach“ vermittelt die Basics des Themas gut und ist dabei wirklich Anfänger:innen-freundlich, von den nachvollziehbaren Anleitungen bis zu den aufmunternden Worten, die die Angst vorm Scheitern lindern.

Oktober 9

Die Rückkehr des Waldes von Lucian Caligo

Als der längst besiegt geglaubte Wald wiedererwacht und seine Wurzeln nach der alten Fessel ausstreckt, werden die dort lebenden Menschen vor schwierige Entscheidungen gestellt: Sollen sie ihre liebgewonnene Heimat aufgeben oder sich einem schier übermächtigen Feind stellen? Können und wollen sie überhaupt gegen die Natur selbst bestehen?

Mich hat der erste Band der Weltenwurzel-Saga gleich von der ersten Seite gepackt. Die Prämisse, dass hier nicht gegen Ritter oder typische Monster gekämpft wird, sondern der Wald selbst zurückschlägt, ist im Fantasy-Genre einzigartig und die Kämpfe gegen Wurzeln und Tiere des Waldes von Wölfen bis Insekten sind actionreich beschrieben.

Besonders angetan haben es mir auch die Charaktere. Mensch lernt sie mit ihren Schwächen kennen und sie überraschen immer wieder mit ihrer Menschlichkeit. Hier wurde wirklich darauf geachtet, sie dreidimensional zu gestalten, was bei der Anzahl der Protagonist:innen besonders beeindruckend ist.

Die Handlung wartet auch immer wieder mit Plottwists auf. Gerade, wenn mensch sich vermeintlich an eine Situation gewöhnt hat, kommt schon die nächste Überraschung. Eine von ihnen ist zum Beispiel das interessante Magiesystem, von dem ich so noch nirgends sonst gelesen habe, aber auch das Ende hat es noch einmal richtig in sich.

„Die Rückkehr des Waldes“ ist erfrischend und originell wie schon lange kein Fantasy-Buch mehr. Ich bin extrem gespannt, wie die Saga weitergeführt und welches Schicksal die Figuren weiterhin ereilen wird und kann es kaum erwarten, den nächsten Band endlich in die Finger zu kriegen.

Oktober 9

Streicheln oder Schlachten von Marcel Sebastian

In „Streicheln oder Schlachten“ stellt Autor Marcel Sebastian die menschliche Beziehung zu nichtmenschlichen Tieren, hauptsächlich verkörpert durch die beiden Gegensätze der „Haus-“ und „Nutztiere“, dar. Aber auch der Zusammenhang mit der Klimakrise und Alternativmodelle für diese Beziehung bekommen ihren Platz eingeräumt.

Der Autor schafft es, auf vergleichsweise wenigen Seiten die komplizierte Situation mitsamt ihren historischen Hintergründen und den zukünftigen Konsequenzen, die folgen werden, wenn wir sie nicht ändern, realistisch abzubilden.

Auch dadurch, dass viele Themen nur angerissen werden können und die vielen Quellenangaben weitere Informationen versprechen, werden Leser:innen dazu animiert, sich noch tiefgehender mit dem Thema auseinanderzusetzen – Eine Empfehlung, die auch im Buch selbst so ausgesprochen wird.

Aber nicht nur die harten Fakten werden angesprochen, es gibt auch Vorschläge, wie wir unsere eigene Sichtweise kritisch hinterfragen und die gesellschaftlichen Zusammenhänge ändern können. Besonders gefreut hat mich dabei, dass es in dem Abschnitt nicht um reine Konsum- und Wahlentscheidungen geht.

Ich kann dieses Buch bedenkenlos jeder Person empfehlen, die einen informativen und trotzdem angenehm zu lesenden Überblick über unseren Umgang mit nichtmenschlichen Tieren bekommen möchte.