Juni 30

Hexenhaus von Fred Ink

Dem vom Pech verfolgten Privatdetektiv Walter Dekker wird vom Schicksal keine Ruhe gegönnt: Der verzweifelte Physiker George stolpert durch seine Tür und möchte gemeinsam mit ihm das berüchtigte Hexenhaus in Arkham nach der vermissten Ines durchsuchen. Natürlich kann das nicht gutgehen…

Der erste Band der Reihe „Die Akte Arkham“ schlägt einen von der ersten Seite an in seinen Bann und lässt einen bis zum Ende nicht mehr los. Hinter jeder Ecke lauern neue Gefahren, die die Figuren körperlich und geistig in den Ruin treiben wollen. Aber auch die Menschen gefährden sich gegenseitig durch ihr Misstrauen – denn irgendwo unter ihnen lauert ein Mörder.

Was Fans von Fred Inks Werken außerdem freuen wird, ist, dass einige altbekannte Charaktere aus „Hinter den Winkeln“ und „Crossover“ wieder auftauchen. Und wie üblich gibt es auch keine Garantie dafür, dass sie ihre Auftritte hier auch überleben.

Auch das Setting verdient noch ein Lob: Das Haus scheint einen eigenen Willen zu haben und führt die darin Gefangenen in die Irre, indem es sich ständig um sie herum verändert und sie immer tiefer in sein Inneres lockt, wo es sie haben will. Dabei stellt es ihnen eine Reihe von ausgeklügelten Fallen, die beim Lesen einfach Spaß machen, obwohl mensch Mitleid mit den Charakteren hat.

Das Ende hat es ebenfalls wieder in sich. Das Hexenhaus hetzt noch einmal alles auf die Protagonist:innen, was es zu bieten hat, und sowohl viele Fragen beantwortet, als auch neue aufgeworfen. Das perfekte Ende für den ersten Band einer Reihe, deren Fortsetzung ich kaum erwarten kann!

Juni 26

Escoffier: Dem Schuft verfallen von Tharah Meester

Nachdem Jackie nach einem Streit verletzt die Stadt verlassen hat, reist Bertie ihm sofort hinterher. Obwohl er es schafft, ihn ausfindig zu machen, verläuft ihre Wiedervereinigung alles andere als einfach und harmonisch. Hat ihre Liebe trotz der widrigen Umstände eine Chance?

Im mittlerweile dritten Band um die beiden Herren findet ihre Geschichte, die einer wahren Achterbahnfahrt der Gefühle gleicht, ihren wohlverdienten Abschluss. Und auch hier wird wieder abwechselnd gegrinst und geschluchzt.

Obwohl wir bereits so viel Zeit mit den beiden Protagonisten verbracht haben, überraschen sie auch hier wieder mit neuen Seiten von sich. Mensch merkt, dass viel Zeit und Liebe in die Ausarbeitung ihrer Charaktere geflossen ist und ihre widerspenstigen Persönlichkeiten sorgen für echte Spannung.

Aber nicht nur untereinander kracht’s, auch andere altbekannte Figuren schmieden Ränke und bringen die beiden in eine Gefahr, die nur mit der Hilfe ihrer Freunde und Bekannte gebannt werden könnte. Vor allem hat mich gefreut, dass Liam und Galen hier wieder positiver wegkommen und beweisen, dass es in dieser Reihe keine eindimensionalen Charaktere gibt.

Dieser Band hat wirklich alle offenen Wünsche erfüllt und auch wieder nicht mit bezaubernden Settings und Beschreibungen von Umgebung und Essen gespart, die einen auch abseits von der Liebesgeschichten zum Träumen bringen.

Juni 25

Irgendwann geht auch das vorbei von Pamela Rußmann

Nachdem die Pandemie der Fotografin und Journalistin Pamela Rußmann die normale Berufsausübung unmöglich gemacht hat, hat sie sich zu einem ungewöhnlichen Experiment entschieden: Interviews und Fotoshootings über die Webcam mit zahlreichen Frauen, die von ihrem Leben in der Corona-Zeit berichten.

Dadurch, dass die meisten Fotos während der Lockdowns in den Wohnungen der Frauen geschossen und sie während einer emotional aufwühlenden Zeit porträtiert worden sind, sind sie sehr persönlich und berührend.

Einige der Frauen sind auch nach einigen Monaten erneut interviewt worden, sodass die Veränderungen im Leben und Denken über das Jahr, in dem die Pandemie zu dem Zeitpunkt die Welt beherrscht hat, deutlich werden.

In den hier gebotenen Perspektiven können sich sicherlich die meisten Leute wiederfinden. Trotzdem fällt auf, dass die meisten Interviewpartnerinnen Frauen mit kreativen Berufen zwischen 30 und 50 sind, sodass ich einige abweichende Sichtweisen vermisst habe.

Insgesamt ist hier ein gelungenes Porträt unserer Zeit gelungen, das sowohl Menschen, die sie selbst durchleben oder durchlebt haben und denen, die zukünftig kommen, etwas bieten kann.

Juni 19

Drei Worte weiter von der Stuttgarter Gruppe

In „Drei Worte weiter“ sammeln sich über 40 Kurzgeschichten zu allen möglichen Themen. Was sie verbindet, ist, dass den vier Autorinnen eine gewisse Anzahl von Worten (meist drei) vorgesetzt worden ist, zu denen sie dann eine Geschichte abliefern mussten.

Genau das macht den Reiz dieser Anthologie aus. Es ist sehr interessant, zu lesen, wie die Autorinnen die Wörter interpretiert haben und dass manche Geschichten in eine sehr ähnliche Richtung gehen und andere gerade gar nicht.

Und obwohl vier Autorinnen an dem Buch beteiligt sind, ist es sehr angenehm und flüssig zu lesen. Ich könnte nicht sagen, dass mir einer der Schreibstile viel besser gefallen hätte oder ein anderer gar nicht, denn das Gesamtkonzept ist sehr stimmig.

Auch das Genre ist nicht durchgehend gleichbleibend. In einigen Geschichten ändert es sich als überraschende Pointe, andere bieten schon von Anfang an Abwechslung durch Science Fiction. Insgesamt dreht es sich in den meisten Storys allerdings um normale Menschen und deren alltägliche Begebenheiten.

Alles in allem werden hier unterhaltsame und kurzweilige Kurzgeschichten für Zwischendurch geboten. Da vergehen die ungefähr 250 Seiten wie im Flug.

Juni 16

Der Kalte Krieg der Generationen von Johannes Pantel

Inzwischen ist allgemein bekannt, dass es in naher Zukunft immer mehr alte Menschen in Deutschland geben wird. Da bleibt Panik vor dem Versagen des Rentensystems und den steigenden Pflegekosten bei einem jetzt schon maroden Gesundheitssystem nicht aus.

Im Gegensatz zu den aufmerksamkeitsheischenden Kommentaren und Artikel zu dem Thema, die den kompletten Zusammenbruch der Gesellschaft infolge einer „Überalterung“ prophezeien oder sogar davon sprechen, dass „die Alten“ gar keinen ruhigen Lebensabend mehr verdient haben, weil sie „den Jungen“ die Klimakrise eingebrockt hätten, wird das Thema hier sehr differenziert und ohne Schuldzuweisungen beleuchtet.

Beim Einstieg helfen zum Beispiel die Statistiken, in denen gezeigt wird, dass tatsächlich in naher Zukunft der Anteil der über 67-Jährigen stark ansteigen wird, und ein grober Überblick darüber, in welche Generationen die Menschheit normalerweise eingeteilt wird – samt dem Hinweis, dass die Übergänge fließend sind und mensch sich hüten sollte, Stereotypen für bare Münze zu nehmen und seine Vorurteile nicht zu hinterfragen.

Besonders eingegangen wird außerdem auf die momentane Coronakrise, infolge derer es immer wieder zu erschreckenden Überlegungen in Richtung einer Triage kommt, die alten Menschen ein geringeres Recht auf Leben als jüngeren zuspricht. Es werden aber auch andere Krisen, die sich am Horizont abzeichnen, wie der Klimawandel und die Herausforderungen, die auf das deutsche Rentensystem zukommen, einbezogen, was umso deutlicher macht, wie wichtig es ist, es eben nicht zu einem Krieg der Generationen kommen zu lassen.

Allerdings werden nicht nur Probleme aufgezeigt und gesellschaftlich allgemein akzeptierte Vorurteile infrage gestellt, es werden auch Lösungsvorschläge angeboten. Dabei wird nicht so getan, als wäre ein Patentrezept gefunden worden, dem die Gesellschaft nur folgen muss, stattdessen werden verschiedene Ansätze vorgestellt und auch auf die Notwendigkeit, andere Formen der Diskriminierung wie Rassismus und Sexismus zu bekämpfen, eingegangen.

Juni 14

Jobst von Wüstenteich von Joachim R. Steudel

Als Jobst von seiner Pilgerreise, zu der er aufgebrochen war, um die Sünden seines Vaters zu tilgen, zurückkehrt, findet er sein Heimatdorf verlassen und niedergebrannt vor. Und schon bald wird er in eine Verschwörung verwickelt, die weit tiefere Hintergründe hat, als er erahnen konnte.

Jobst ist ein sehr sympathischer Protagonist. Entgegen der klischeehaften Darstellung von hartherzigen Rittern, die sonst zu der Zeit spielende Romane bevölkern, hat er sich eine Unschuld und Weltfremdheit bewahrt, durch die sein Wachstum im Verlauf der Handlung noch deutlicher wird.

Die anderen Figuren haben es ebenfalls in sich. Jede von ihnen hat eine ganz klare Motivation, die sich nach und nach enthüllt und ihr einen realistischen Platz in der Geschichte zuweist.

Die Welt, die hier dargestellt wird, basiert auf historischen Fakten, die dank des umfangreichen Glossars auch Laien ersichtlich werden und das Leben des 14. Jahrhunderts auch abseits vom Glanz der Burgen verdeutlichen.

Was mich (positiv) überrascht hat, ist, wie viel Platz hier dem Mysterium um Jobst‘ Herkunft und den Brand eingeräumt wird, sodass wir es hier eher mit einem historischen Thriller als einem reinen Action-Roman zu tun haben.

Juni 14

Schmalz und Rebellion von Jens Balzer

Die deutsche Musik hatte schon immer eine zwiespältige Haltung zu „ihrer“ Sprache. Wie sie sich seit den späten 40ern verändert und an einigen Stellen gerade nicht verändert hat, wird mit diesem Spaziergang durch die Jahrzehnte deutschsprachiger Popmusik beleuchtet.

Dabei wird auch auf die historischen und kulturellen Hintergründe eingegangen und es werden zum Beispiel das Lebensgefühl der Nachkriegszeit oder der DDR so verständlich beschrieben, sodass auch jüngeren Menschen die Verbindungen zur Musik klar werden.

Es werden allerdings nicht nur die Radiohits erwähnt, die jede Person, die zu der Zeit gelebt hat, kennt, sondern auch Musik abseits vom Mainstream, zum Beispiel in migrantischen Communities. Dadurch wird der Inhalt dem Untertitel des Buches, „Der deutsche Pop und seine Sprache“ gerecht, denn es werden auch diese unbekannteren Beispiele aufgezählt, deren Verbindung zur Sprache sehr interessant sind.

Sowieso wird immer sehr differenziert vorgegangen und es werden sowohl emanzipatorische, als auch reaktionäre Elemente der jeweiligen Musikrichtungen beschrieben. Verklärt wird hier nichts, stattdessen wird ein sachlicher, aber auch humorvoller Blick auf die Musikgeschichte geworfen.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Es bietet eine detailreiche, aber nicht ausufernde Reise durch die Zeit und Genres und ist gleichzeitig unterhaltsam und informativ.

Juni 8

Moonlight City Drive 3: The City Is Alive Tonight von Brian Paone

Nachdem Melissa von zuhause abgehauen ist, stellt Anya sie auf die Probe: Sie soll den Kult vergrößern, indem sie weitere Frauen umbringt. Noch dazu hat die Hexe eine neue Auserwählte gefunden, mit deren Opfer sie endlich Unsterblichkeit erlangen will.

Dieser Band fokussiert sich mehr auf die Figuren als auf übernatürliche Ereignisse. Das sorgt dafür, dass einige Charaktere überraschende Seiten von sich zeigen können, andererseits geht so auch etwas von der mysteriösen Stimmung verloren, die die anderen Bücher geboten hatten.

Außerdem wirkt Melissas Entscheidungsfindung hier sehr unrealistisch, weil ihre Meinung so sprunghaft ist. Ihre Zweifel an Anya wirken nicht stark genug, um den plötzlichen Seitenwechsel zu rechtfertigen, sodass es so wirkt, als hätte sie ihn nur aus Eigennutz vollzogen und nicht, weil sie ihrem Herzen folgt.

Was mir hingegen richtig gut gefallen hat, ist die Verwendung des Vertigo Motel als Jenseits. Dadurch konnte die Stimmung der beiden Vorgänger wieder etwas zurückgebracht werden. Auch die Schicksale der Charaktere sind treffend gewählt.

Insgesamt hat mir dieser Band nicht ganz so gut gefallen wie die anderen, er stellt aber durchaus einen guten Abschluss der Geschichte dar und sollte gelesen werden, um zu erfahren, wie sie ausgeht.

Juni 3

Raven – Blutauge von Giles Kristian

Als Wikinger unter der Führung von Jarl Sigurd das Dorf, in dem Osric nach dem Verlust seiner Erinnerungen untergekommen ist, überfallen und ihn entführen, lernt er die Lebensweise der Nordmänner kennen und schließt sich ihnen bald an.

Mit Action wird hier definitiv nicht gespart. Es gibt viele Kämpfe, die gekonnt beschrieben sind und obwohl hier Gewalt eindeutig glorifiziert sind, werden auch die „schmutzigen Seiten“ nicht verschwiegen.

Was jedoch wieder Spannung herausnimmt, ist die Persönlichkeit des Protagonisten. Er wird sehr unsympathisch dargestellt (fairerweise wird das von seinem Ich aus der Zukunft auch manchmal zugegeben), aber nicht auf eine Art und Weise, die interessant zu lesen ist. Stattdessen wirkt er eher wie ein rückgratloser Mitläufer, dessen Schicksal mir als Leser ziemlich egal war.

Das gilt auch für die Nebencharaktere, die alle sehr flach bleiben und dem klischeehaften Bild eines blutrünstigen Wikingers entsprechen, der sich nur für Saufen und Kämpfen interessiert. Dass so gut wie alle dieser Figuren eh sterben hilft auch nicht gerade dabei, ihnen etwas abzugewinnen.

Dazu kommt, dass viele Beschreibungen immer und immer wieder verwendet werden. Gefühlt in jedem Kampf werden die Nordmänner in exakt dem gleichen Wortlaut mit Kriegsgöttern verglichen, was es nicht unbedingt abwechslungsreicher macht. Trotzdem hat mich die Handlung gut unterhalten, wenn ich nicht zu genau darüber nachgedacht habe.