Mai 24

Neobiota: Metapopulation von Ryan Rockwell

Paz und Ellis kommen vom Regen in die Traufe: Gerade sind sie noch froh, den Horror des vom Pathogen überrannten Raumschiffs hinter sich gelassen zu haben, da versagen die Systeme ihres Schiffs und ihre einzige Rettung ist es, die Gilbert-Station anzufliegen, von der sie einen beunruhigenden Funkspruch erhalten haben.

Auch der dritte Band der Reihe hat es wieder geschafft, mich zu begeistern. Die Protagonist:innen bekommen kaum Atempausen und taumeln von einer Gefahr in die nächste. Perfekt gelöst ist dabei, wie es immer einen Strohhalm gibt, an den sie sich verzweifelt klammern können, um ihre waghalsige Flucht umzusetzen.

Die Reaktionen der verschiedenen Figuren auf die Ausnahmesituationen sind realistisch beschrieben. Diese Welt besteht nicht aus eiskalten Held:innen, die täglich gegen Alien-Zombies kämpfen, sondern aus normalen Menschen, die mehr oder weniger gut damit umgehen können.

Paz stellt sich wieder einmal als die perfekte Protagonistin für diese Reihe heraus und mensch bemerkt, wie sie sich über die Bände hinweg entwickelt und von einer komplett überforderten Gravitationstechnikerin zu einer abgehärteteren Überlebenskünstlerin wird.

Obwohl das Hauptsetting und die Gefahr durch das Pathogen über alle drei Bände hinweg gleich bleiben, wird es nicht langweilig – Alleine dadurch, dass ständig neue Informationen über das Pathogen ans Licht kommen, aber auch durch die verschiedenen menschlichen Antagonist:innen und die Situationen, die durch den Überlebenskampf im Weltraum entstehen.

Mai 20

Farm der Tiere von George Orwell

Nachdem die Tiere der Herren-Farm den ausbeuterischen Farmer Mr. Jones gemeinsam vertrieben haben, beginnen schnell die Schweine, die Führung zu übernehmen und bald herrschen die gleichen Zustände wie vor der Übernahme.

„Farm der Tiere“ ist eine Fabel, die den Aufstieg und Untergang der Sowjetunion beschreibt und an dem Beispiel einer englischen Farm aufzeigt, wie autoritär geleitete Revolutionen zu Diktaturen führen können, wenn deren Anführer:innen korrupt sind oder werden und der schleichende Prozess nicht erkannt und aufgehalten wird.

Besonders perfide Elemente wie die Veränderung der sieben Prinzipien der Tiere durch die Schweine, die später behaupten, dass sie schon immer diesen Wortlaut hatten, und die Erschaffung eines Feindbildes, auf das alles Übel geschoben wird, fügen sich perfekt in diese Fabel ein.

Sowieso schafft es Orwell, das Farm-Setting komplett auszureizen und die der echten Welt entstammten Vorgänge in einfach zu verstehende Metaphern zu kleiden. Definitiv ein Klassiker, den zu lesen sich lohnt!

Mai 17

Ein Tausend Li: Der erste Schritt von Tao Wong

Eigentlich ist Wu Ying nur der Sohn eines einfachen Bauern, doch als er das Angebot bekommt, der Sekte des Sattgrünen Wassers beizutreten und ein wirklicher Kultivator zu werden, nimmt er es an und sein Leben ändert sich vollkommen. Doch da er weder ein Adeliger noch ein Genie ist, hat er es schwer dort.

Was mir direkt positiv aufgefallen ist, sind die Beschreibungen der Kultivation und der verschiedenen Kampftechniken. Es wird eine bildliche Sprache benutzt, sodass es auch für Laien auf dem Gebiet nachvollziehbar ist und mensch bekommt einen interessanten Einblick in die Welt der Chi-Kultivation.

Dass Wu Ying „nur“ ein gewöhnlicher Mann ist, ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wirkt er dadurch sympathischer und wird nicht zu einem klischeehaft-starken Fantasy-Progatonisten, andererseits findet er sich meist zu schnell mit seinem Schicksal ab und nimmt die Schikanen der anderen Kultivator:innen und Ältesten demütig hin, statt sich gegen die Ungerechtigkeiten zu wehren.

Leider gibt es auch sonst keine Charaktere, in die mensch sich so richtig einfühlen kann. Die Nebenfiguren bleiben blass und mysteriös, auch wenn einige von ihnen interessante Ansätze zeigen und möglicherweise in den Nachfolgebänden weiter ausgebaut werden.

Im Gegensatz dazu glänzt das Buch mit seinen Kampfszenen, die actionreich und spannend beschrieben werden und dem perfekten Rhythmus folgen. Vor allem beim Wettkampf am Ende des Buches wird das Tempo richtig angezogen und es kommt gehörig Spannung auf.

Mai 7

Die Planetenhändler von Richard Sturmport und Robert Castellock

Als der Geschäftsmann James Asyrow ein kleines Sonnensystem zu einem Spottpreis kauft, lassen die Probleme nicht lange auf sich warten. Nicht nur, dass der Vorbesitzer unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen ist, auch sonst scheinen dort krumme Dinger im Hintergrund gedreht werden…

Am Anfang wird viel Wert darauf gelegt, die einzelnen Charaktere vorzustellen und miteinander interagieren zu lassen. Das hat für meinen Geschmack zu lange gedauert, weil ich lieber direkt in die Action eingestiegen wäre und mir einige der Figuren auch nicht unbedingt sympathisch waren.

In der zweiten Hälfte nimmt die Handlung jedoch gehörig an Fahrt auf und ich bin voll auf meine Kosten gekommen. Es gibt eine gelungene Mischung aus Informationen über die Hintergründe der komplexen Verschwörung, der die Protagonist:innen auf die Schliche kommen, und Kampfszenen. Vor allem das Finale hat mir in dieser Hinsicht gut gefallen.

Auch gut gelöst ist, dass jede Figur irgendwie mit der Story verbunden ist. Auch wenn ein Charakter scheinbar nur am Rande erwähnt wird und eine andere Rolle auszufüllen scheint, kommen sie alle noch einmal wieder und überraschen einen mit ihren versteckten Motivationen und Handlungen.

Am Ende wird sogar noch einmal auf die moralischen Hintergründe des eigentlichen Planetenhandels eingegangen. Insgesamt ist das sicherlich eine Verschwörung, die in einer sehr fernen Zukunft praktisch genauso passieren könnte.

Mai 6

Einfach alles teilen? von Hofkollektiv Wieserhoisl

Die Mitglieder des Hofkollektivs Wieserhoisl berichten von ihrem Leben auf einem österreichischen Bauernhof, auf dem sie möglichst selbstversorgt und hierarchiefrei leben wollen. Dabei geht es viel um ihren Umgang miteinander, aber auch um ihre politischen Vorstellungen und die Vermittlung praktischen Wissens über Gemüseanbau und die Finanzierung eines solchen Projekts.

Mir hat vor allem gefallen, wie viele Themen hier angeschnitten werden und dass sich viele Kollektivmitglieder am Schreibprozess beteiligt haben. Dadurch bekommt mensch eine Vorstellung davon, wie das Leben auf dem Hof aus verschiedenen Perspektiven aussieht und dass die Menschen dort auch unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt haben.

Vor allem auch die Informationen darüber, welche Finanzierungsmethoden es gibt und wie große Bauarbeiten mithilfe des Bausyndikats umgesetzt werden, lassen den Traum vom eigenen Kollektiv plötzlich so nah erscheinen. Das Buch eignet sich einerseits dazu, einen Überblick darüber zu bekommen, wie sich das Leben auf dem Hof gestaltet, und andererseits, wie es selbst zu erreichen wäre.

Auch die Gestaltung des Buches hat mich direkt angesprochen. Das schön gezeichnete Cover und die interessante Farbwahl, die sich durch das gesamte Buch zieht, haben mir gut gefallen und auch die hochwertigen Farbfotos sind mir positiv aufgefallen.

Ein paar Fragen sind für mich aber trotz der Vielfalt der Kapitel noch nicht geklärt: Welcher Lohnarbeit gehen die Menschen nach und wie haben sie sie gewählt? Inwiefern können die Kinder mitbestimmen? Und wie ist die Entscheidung gefällt worden, trotz ansonsten weitgehend hierarchiefreien Leben nichtmenschliche Tiere zu „halten“?