Dezember 27

Gerecht von Oliver Rill

Weil er mehr hinter einem eigentlich aufgeklärten Fall vermutet, holt sich Kommissar Fabian Schotte Hilfe bei seinem erfahrenen Kollegen Markus Deister, der davon allerdings gar nicht begeistert ist. So muss das ungleiche Paar nach dem vermeintlichen Mörder des todkranken Till suchen, während sie noch mit zahlreichen privaten Problemen zu kämpfen haben.

„Gerecht“ hat es von Anfang an geschafft, sich von typischen Krimis abzugrenzen. Statt auf die Art von Ermittlungsarbeit und halsbrecherischer Action, die wir sonst in diesem Genre vorgesetzt bekommen, wird hier eher auf Befragungen der Zeug:innen und die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Figuren gesetzt.

Und von denen gibt es eine ganze Menge. Es stellt trotzdem kein Problem dar, sie alle kennen und lieben zu lernen, weil sie sich durch ihre einzigartigen Persönlichkeiten voneinander abheben und so alle ihren Teil zu den lustigen bis tragischen Situationen beitragen.

Der Fall selbst schlägt auch ganz andere Wege ein, indem er einen zum Nachdenken anregt. Die Handlungen aller Figuren sind sehr gut nachvollziehbar, und das macht es umso schwieriger, sich „auf eine Seite zu schlagen.“

Kommen wir zum Schluss zum Protagonisten selbst: Markus Deister ist mir zwar schnell unsympathisch geworden, aber das hat der Lesefreude keinen Abbruch getan, weil er trotzdem ein Charakter mit Tiefe ist, wie mensch mit zunehmender Seitenzahl lernt.

Dezember 21

Asynchron: Echos von Matthias Grabo

Obwohl Quinn nun im Kern ist, ist er noch lange nicht in Sicherheit, denn seine eigentlich tote Freundin Eve erscheint ihm immer wieder und warnt ihn vor dem drohenden Unheil. Doch ist die Gefahr real oder nur eine Ausgeburt seiner Fantasie?

Der zweite Band knüpft nahtlos an den ersten an und macht es leicht, wieder in die Geschichte reinzukommen, indem die Charaktere und wichtigen Story-Elemente vorgestellt werden, ohne zu viel zu wiederholen.

Wie auch schon beim Vorgänger haben mir die realistischen Reaktionen der Figuren auf diese Ausnahmesituation gut gefallen. Nicht jeder verhält sich im Angesicht des Todes heldenhaft, manche Leute opfern lieber andere, als sich selbst. Und auch die ProtagonistInnen treffen teilweise fragwürdige Entscheidungen aufgrund der wenigen Fakten, zu denen sie Zugang haben, was die Geschichte realistischer macht.

Die Handlung bietet wieder eine perfekte Mischung aus spannender Action und der Aufdeckung der Vergangenheit, die erklärt, wie es überhaupt zu dieser apokalyptischen Situation gekommen ist und ist von der ersten bis zur letzten Seite spannend.

Vor allem das Ende hatte es noch einmal in sich und sowieso hat die Story viele Überraschungen bereitgehalten. Insgesamt hat mir dieser Teil sogar noch besser gefallen als der erste, gerade, weil durch Quinns Geisteszustand so unklar ist, was der Realität entspricht und was nicht.

Dezember 14

Andere Himmel von China Miéville

„Andere Himmel“ ist eine Sammlung von 14 Kurzgeschichten, die von Horrorstorys über ein Kinderparadies in einem gewissen Möbelhaus über ein Fenster, das die namensgebenden anderen Himmel zeigt bis zum wahren „Teufel im Detail“ gehen. Es gibt sogar eine, die in Miévilles bekanntem New Crobuzon spielt und einen der Nebencharaktere weiter mit Leben füllt.

Es ist ein bisschen ungewohnt, so kurze Geschichten von Miéville zu lesen und im Gegensatz zu seinen längeren Romanen zeichnen sich diese auch durch eine einzige, zentrale Idee aus im Vergleich zum üblichen Sammelsurium aus verschiedensten Einfällen, die alle in einem Universum nebeneinander existieren und eigentlich wirklich für eine eigene Geschichte gereicht hätten – wie hier bewiesen wird.

Normalerweise holt mich (geschriebener) Horror nicht so leicht ab, aber bei einigen der Storys hier hatte ich fast schon eine Gänsehaut. Alleine deshalb sticht dieses Buch für mich schon aus der Masse heraus. Dazu kommt, dass es bis auf eine Ausnahme keine typischen Geistergeschichten gibt und es häufig eher das Konzept dahinter ist, das einem Angst einjagt, nicht die Gefahr für das Leben der Figuren.

Eigentlich hat mich besonders die Geschichte um Jack Gotteshand interessiert, im Nachhinein muss ich aber sagen, dass ich keinen wirklichen Favoriten finden kann. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass sie so unterschiedliche Emotionen hervorrufen: Grusel (wie in Details), Ekel (wie in Faktotum), Wut (wie in Die Hungernden speisen) oder sogar Belustigung (wie in Eia Weihnacht).

Es gibt in der kompletten Sammlung keine Geschichte, die mich nicht überzeugt und unterhalten hätte. Erst war ich skeptisch, ob sich Miévilles Ansätze in Kurzgeschichten übersetzen lassen, aber diese Skepsis ist wie weggeblasen. Trotzdem finde ich, dass Kurzgeschichten nicht ausreichen, um die Vorteile seines Stils wirklich hervorzuheben.

Dezember 4

Mein MONSTER ZOMBIE LOVE TEEN Tagebuch von Sky O’Mara

Seit der Apokalypse, die den Großteil der Menschheit sein Leben gekostet hat, lebt Teenagerin Zoe in ihrer Wohnung von Dosennahrung. Doch als die ihr ausgeht, muss sie ihren sicheren Hafen verlassen und sich in eine Welt hinauswagen, in der sich die meisten Menschen und Tiere in groteske Monster verwandelt haben.

Was mich an dieser Geschichte direkt begeistert hat, ist die Mischung aus humorvoller Teenie-Story mit dem spannenden Überlebenskampf nach der Apokalypse. Immer wieder gibt es haarsträubende Verfolgungen und Kämpfe, dazwischen wird mit Zoes Beobachtungen, manchmal in Tagebuch-Form, die Stimmung wieder aufgelockert.

Sowieso ist Zoe eine sympathische Protagonistin. Die Balance dazwischen, sie ihrem Alter entsprechend handeln zu lassen und ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln, ist gut gelungen. Schön ist auch, wie sie mit ihrer neuen tierischen Begleiterin warm wird.

Auch die Nebencharaktere können sich sehenlassen. Sie sind alle irgendwo zwischen liebenswert und total verrückt, manche erfüllen auch beide Kriterien. Sicher ist aber, dass mensch nie weiß, was mensch von ihnen erwarten kann!

„Mein MONSTER ZOMBIE LOVE TEEN Tagebuch“ hat mich immer wieder positiv überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich die Figuren so ins Herz schließen würde und dass es möglich ist, eine apokalyptische Geschichte so locker und mit so viel Humor zu schreiben, ohne dass sie an Spannung verliert.