Juli 24

Domino auf Abwegen von Tristan Palmgren

Eigentlich könnte mensch sagen, dass Domino vom Glück verfolgt ist, denn genau das ist ihre Superkraft. Trotzdem musste sie eine traumatische Vergangenheit erleiden, in der grausame Experimente an ihr durchgeführt wurden, und die sie nun einholt, als sie den Auftrag bekommt, ein Zwillingspaar aus den Händen eines Sektenführers zu befreien.

Fangen wir doch direkt mit Domino an: Sie ist eine unglaublich sympathische Protagonistin, die schonungslos ehrlich mit sich und der Welt ins Gericht geht, dabei aber nie ihren Sinn für Humor verliert. Es ist immer eine Freude, zu lesen, wie sie zwischen Selbstanalyse und ironischen Anmerkungen wechselt und es ist nicht schwierig, sich in sie hineinzuversetzen.

Dazu kommt, dass ihre Superkraft hier gut gehandhabt wird. Es wäre leicht gewesen, jeglichen Schaden an ihr abprallen zu lassen, weil sie nun einmal immer Glück hat, aber das ist nicht der Fall und sie muss auch mal zurückstecken, was dafür sorgt, dass die Geschichte von vorne bis hinten spannend bleibt.

Die Handlung an sich ist auch ungewöhnlich und hat mich überrascht. Sekten sind ein Thema, das im SuperheldInnenkosmos eher selten (mit dieser Tiefe) aufgegriffen wird und hier wird es gekonnt mit Dominos Vergangenheit vermischt, sodass die Parallelen wirklich gut herausstechen. Außerdem ist die Mischung aus Action und der Beschreibung der Veränderungen, die die Heldin im Verlaufe ihres Lebens durchmacht, gut getroffen.

Ich hätte eigentlich gedacht, das sich das Buch mit einem Comic vergleichen lässt, ein Film trifft es aber eher. Der Plot ist präzise und in sich abgeschlossen, es gibt emotionale Höhen und Tiefen und die Story ist mehr „down to earth“ als die zahlreichen Marvel-Comics mit weltenumspannenden Handlungssträngen.

Juli 18

The Elder Scrolls: Der Seelenlord von Greg Keyes

Während Annaïg sich in den teuflischen Küchen Umbriels hocharbeitet und dort immer schlimmere Taten vollbringen muss, um die Fürsten zufriedenzustellen, wird Mere-Glim zu einem Idol der Untergrundbewegung auf der Insel. Auch Attrebus und Sul befinden sich auf einer gefährlichen Reise, auf der sie verzweifelt nach einer Möglichkeit suchen, Umbriel aufzuhalten…

Auch hier gibt es wieder ein sehr interessantes Worldbuilding, das sich zum Teil aus bestehender Elder Scrolls-Lore zusammensetzt und zum Teil für die beiden Bücher erfunden wurde. Vor allem die Beschreibung von Umbriel und dem Leben dort hat es mir angetan, auch wenn sie im zweiten Band keinen Überraschungseffekt mehr auf ihrer Seite hat.

Die Charakterentwicklung und vor allem wie Attrebus und Annaïg durch ihre Erlebnisse verändert worden sind, hat mir auch gut gefallen. Allerdings finde ich, dass mehr aus der Entfremdung zwischen ihr und Glim hätte werden sollen, weil sie sich nach einem sehr dramatischen Höhepunkt praktisch ins Nichts aufgelöst hat.

Auch der Plot um Mazgar und Brennus ist am Ende auf nichts hinausgelaufen und hätte gestrichen werden können. Colins Storyline hätte auch ein bisschen mehr Ausarbeitung verdient. Das ändert allerdings nicht daran, dass ich mich von der ersten bis zur letzten Seite unterhalten gefühlt und mitgefiebert habe.

Mit seinen sympathischen ProtagonistInnen, der spannenden Handlung und der farbenfrohen Welt verdient auch der zweite Teil eine Chance. Vor allem, dass er trotz des Erfolgs der Elder Scrolls-Reihe eine eigene Geschichte erzählt und nicht einfach einen Handlungsstrang aus einem Spiel kopiert, hat mich gefreut.

Juli 11

Riot, don’t diet! von Elisabeth Lechner

In „Riot, don’t diet!“ spricht Elisabeth Lechner mit AktivistInnen, die darüber aufklären, wie sie von der Gesellschaft bewertet werden, weil sie dick, Schwarz, haarig, queer, behindert und / oder alt sind, und wie sie sich gegen Vorurteile zur Wehr setzen und lernen, sich selbst zu akzeptieren und zu lieben.

Mir ist direkt positiv aufgefallen, wie gut hier die Mischung aus harten Fakten und den individuellen Erlebnissen der Betroffenen gelungen ist. Es wird nicht mit wissenschaftlichen Erklärungen und Fachbegriffen gegeizt, diese werden jedoch alle auch für „Neueinsteiger“ in das Thema verständlich erklärt.

Insgesamt gibt es hier eine ungewöhnliche Fülle von verschiedenen Perspektiven und es werden zahlreiche Probleme angesprochen, von Colorismus bis zu der Tatsache, dass Menschen aufgrund ihrer Behinderung der Wert abgesprochen wird.

Dabei wird häufig der Kapitalismus kritisiert, weil vor allem die Schönheitsindustrie vom Selbsthass und der daraus folgenden ständigen „Selbstoptimierung“ der Menschen profitiert. Aber auch Ansätze wie die „Body Positivity“ werden nicht einfach unkritisch hingenommen, sondern fair beurteilt und auf ihre Schwächen untersucht.

Insgesamt hat mich das Buch mit seiner Vielzahl an InterviewpartnerInnen, die allesamt tiefgründige und lesenswerte Ideen zu teilen hatten, von der ersten bis zur letzten Seite überzeugt und ich kann es jedem empfehlen, der einen Einstieg in feministische Literatur sucht – Aber auch Menschen, die sich schon mehr in die Materie eingearbeitet haben, können hier noch etwas lernen.

Juli 7

Etwas endet, etwas beginnt von Andrzej Sapkowski

„Etwas endet, etwas beginnt“ vereint acht Kurzgeschichten, von denen zwei im Universum der Hexer-Saga spielen. Dabei wird neben dem üblichen Fantasy-Genre überraschenderweise auch Horror aufgegriffen. Meistens nimmt sich Sapkowski aber eine bekannte Sage oder Geschichte vor und erzählt die versteckten Seiten davon auf seine eigene Art und Weise.

Eigentlich hätte ich gedacht, dass mich die Geschichten um Geralt und seine Eltern (!) am meisten überzeugen, aber die anderen haben mich positiv überrascht. Obwohl es nur Kurzgeschichten sind, sind die Persönlichkeiten der Figuren ausgeprägt und dreidimensional, sodass es mir nicht schwergefallen ist, mitzufiebern.

Die Horror-Geschichten haben meiner Meinung nach daran gelitten, dass die menschlichen ProtagonistInnen in den meisten Fällen so unsympathisch waren, dass ich ihnen ihr Schicksal sogar gegönnt habe. Das hat zwar nicht dafür gesorgt, dass ich die Handlungen und Konzepte selbst uninteressant gefunden habe, aber es hat einen beträchtlichen Teil der Spannung herausgenommen.

Außerdem zu erwähnen ist, dass sich vor jedem der Kapitel ein kurzes Vorwort befindet, in dem der Autor erzählt, was ihn dazu inspiriert hat und vor welchem Hintergrund er es geschrieben hat. Diese Einblicke in seine Arbeitsweise waren interessant zu lesen.

Insgesamt hat mich vor allem die Vielfalt der Geschichten überzeugt. Bevor eine Idee repetitiv werden konnte, hat schon die nächste angefangen, sodass keine Langeweile aufgekommen ist. Untermalt wird das Ganze natürlich wieder von Sapkowskis charakteristischem Schreibstil, der mir nach einer anfänglichen Eingewöhnungsphase inzwischen gut gefällt.